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Bolivien - Quevedo & High Spirits

  • Autorenbild: Johannes Wingenfeld
    Johannes Wingenfeld
  • 21. Sept. 2022
  • 15 Min. Lesezeit

Dort angekommen, bekommt Jonas erstmal Probleme in der Sicherheitskontrolle. Aber nicht, weil er verbotenes Zeug aus Brasilien eingeschmuggelt hat - nein wegen seiner Swisscard, welches ein 3 cm langes Messer enthält. Die nette Dame an der Sicherheitskontrolle, wollte dieses nämlich wegwerfen. Nach einer 20-minütigen Diskussion auf Deutsch, Spanisch und Englisch beschließt Jonas die hoffnungslose Diskussion aufzugeben und wirft sein kleines Messerchen in den Müll. Da Peru nur einen kurzen Umstieg in Lima beinhaltete, flogen wir mit ordentlicher Zeitverschiebung und groß aufkommendem Hunger noch in derselben Nacht Richtung Bolivien, La Paz.

Nach einem unglaublich langen und unkomfortablen Flug erreichten wir dann endlich gegen 0400 Ortszeit den Hauptgrund für unsere Südamerikareise. Hier in Bolivien wollten wir nämlich neue Erfahrungen als Bergsteiger in einer uns bis dato unbekannte Höhe von 6000 Meter sammeln. Am Flughafen von El Alto angekommen, merkten wir direkt, dass die Höhe von 4200 Metern am Flughafen uns schon jetzt gut zusetzte. Jonas, der aber immer noch leicht angeschlagen war, lies sich davon wenig beeindrucken und entschied sich erstmal dazu ein Schläfchen zum Auskurieren am Flughafen einzulegen.

Ich hielt dies für eine gute Idee und legte mich dazu. Als wir wieder aufwachten, nahmen wir das erste Taxi, welches uns nach 5 minutigem diskutieren dann doch zu einem fairen Preis in die Stadt La Paz fuhr.

Schon auf dem Weg Richtung Hotel merkten wir, dass Bolivien nochmal ein ganz anderes Level von Armut besaß als Brasilien. Überall lag Müll auf den Straßen und die Leute schliefen in oftmals nicht fertig gebauten Häusern ohne Dach und Türen. Alles war heruntergekommen und voll mit Straßenhunden und anderen Tieren, die wir teilweise gar nicht kannten. Als wir das Fenster im Taxi aufmachten, erschlug uns fast der unglaublich stinkende Geruch von Müll, Benzin, Smock und den vielen stinkenden Tieren. Das kann ja was werden, dachte ich mir und schloss das Fenster wieder. In der Stadt angekommen waren wir heilfroh, dass wir uns nicht wie in Brasilien ein Auto gemietet hatten. Hier gab es im Straßenverkehr keine Regeln und auch niemanden der für Ordnung sorgte. Vorfahrt hatte der mit der lautesten und ausgefallensten Hupe und auf Fußgänger, Kratzer am Auto oder andere Autofahrer nahm hier sowieso keiner Rücksicht.

Erschlagen von den ganzen Eindrücken, checkten wir in das Hotel ein und beschlossen nach einem guten Restaurant mit halbwegs europäischer Hygiene zu suchen. Auf der Suche nach Essen bestaunten wir die bunten Straßen, welche voll mit Straßenverkäufern und kleinen Läden waren. Hier konnte man wirklich alles von Haushaltsartikeln bis Designerhandtaschen kaufen. Nachdem wir etwas gegessen hatten, setzten wir uns in eine schöne Bar und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Nun waren es nur noch zwei Tage bis zu unseren ersten Expeditionen, was Freude und ein Stück weit Nervosität in uns auslöste. Am nächsten Tag akklimatisierten wir uns und versuchten uns an die Höhe von 3800 Metern zu gewöhnen. Hier ist wenig zu berichten, da wir hier nur wenig erlebten. Eine wunderbare Sache blieb jedoch im Gedächtnis. Für einen schmalen Preis von 40 Cent konnten wir mit einer Seilbahn über die gesamte Stadt fahren und den wunderschönen Sonnenuntergang am Abend über dem Illimaniberg bewundern. Das Bergglühen dieses imposanten Berges wird uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben.


Nachdem wir dann am nächsten Morgen ausgiebig gefrühstückt hatten, begann unsere erste lang ersehnte Expedition. Natürlich lief dies aber auch nicht glatt, da unser Bus wie eigentlich zu erwarten war 45 Minuten Verspätung hatte und der Fahrer kein Wort Englisch sprechen konnte. Leute, ich sage euch der Erfinder von Google Translater hat uns wieder mal den Arsch gerettet. Nachdem wir das, was wir sagen wollten bei Google Übersetzer in unser Handy tippten, grinste der Fahrer und fuhr uns mit seinem viel zu platten, angeranzten und absolut nicht mehr für den Straßenverkehr zulässigen Bus über die kleinen, steilen Passstraßen in die Condoririregion von welcher wir noch am selben Tag in das Basecamp aufstiegen. Am Basecamp angekommen, packten wir unser hochwertiges Zelt aus und suchten uns einen guten windgeschützten Platz für dieses. Da wir die nächsten vier Tage auf 4500 Metern tatsächlich in diesem Zelt schlafen sollten, gaben wir uns natürlich viel Mühe beim Aufbau unseres Schlafplatzes. Den darauffolgenden Tag bestiegen wir dann unseren ersten 5000er, den Pico Austria(5320m). Von dem Gipfel aus konnten wir auch die Touren unserer nächsten Expeditionen erblicken, was bei uns eine riesige Freude auslöste. Da es aber auf 5000 Metern bekanntlich sau kalt ist, entschieden wir uns schnell für den Abstieg und machten uns wieder auf die Socken zum Basecamp.

Abends bereiten wir uns nach, gingen „duschen“ und natürlich früh schlafen, um für die deutlich anstrengendere Tour am nächsten Morgen gegen 1 Uhr in der Nacht gestärkt aufbrechen zu können. Somit lagen wir gegen 18 Uhr in unseren Schlafsäcken, unwissend was uns bei der nächsten Tour alles erwarten würde.


Am nächsten Morgen oder besser gesagt mitten in der Nacht wurden wir dann endlich von diesem überaus nervigen Apple Wecker geweckt. Während Jonas sich noch beschwerte, wieso zur Hölle alle Hochtouren immer in aller Frühe starten müssen, ging ich meine geplante Faulenzer Routine durch. Erstmal so lang wie möglich im Schlafsack liegen, ein Sipp Cola nehmen, um erstmal mein Gehirn zu reaktivieren und um meinen Motor anlaufen zu lassen. Nebenbei stopfte ich mir paar von diesen Oreo Keksen und den überaus genialen MRE Muffins rein. Danach hieß es so schnell wie möglich alle warmen Kleidungsstücke anzuziehen ohne möglichst weit aus dem Schlafsack zu kriechen und aufjedenfall ohne das Zelt zu berühren, welches natürlich von innen komplett gefroren und nass war. Ziemlich schleunigst kamen wir dann aber in den Bergmodus und brachen Richtung Gletscher aus, wobei wir ziemlich schnell von zwei Lichtern verfolgt wurden. In der Nacht hatte es ein paar Schneeflocken gehabt und somit war es gar nicht so einfach auf dem Weg zu bleiben und nicht in irgendein Moor zu landen. Irgendwann fiel mir auf das wir noch gar nicht groß miteinander gesprochen hatten. Doch dann erinnerte ich mich, dass wir in den ersten Stunden von Grund auf maximal ein Satz wechseln. Ob das an der Nacht liegt, der Aufregung und den vielen Gedanken oder wir uns einfach so mit paar Blicken verstehen? Am Gletscher angekommen, trafen dann auch der flotte Guide mit seinem Schotten ein. Nachdem wir paar Worte wechselten, nahm ich das Seil auf und drängte innerlich drauf weiter zu gehen. Die ersten Hunderte Meter gingen wir relativ schnell durch die Mikro Spaltenzone, angetrieben von dem Guide der uns unglaublich schnell folgte. Dies führte dazu, dass wir anstelle vom Gas mal runter zu gehen, noch schneller die 5000m Marke erreichten. Wir hätten ja auch nicht einfach den erfahrenen Guide, der den Weg wahrscheinlich schon 20mal gegangen ist, die Wegfindung überlassen können. Okay das wäre ja auch irgendwie nicht richtig. Aufjedenfall machten wir auf circa 5100m irgendwann eine üppige Pause und ließen die andere Seilschaft passieren, wobei wir uns anschließend nicht mehr sicher waren ob der Schotte überhaupt noch anwesend war. Nach paar Hustenanfällen von Jonas und einem weiteren harten Aufschwung erreichten wir den ersten Gipfel auf 5300m, wo wir voller Verwunderung wieder auf die beiden trafen. Hatten wir doch endlich aus dem Trailrunning Modus in den langsamen kontinuierlichen Fokus geschaltet, so wie es der Heeresbergführer unseres Vertrauens noch extra zu uns gesagt hatte. Aufjedenfall könnt ihr es nicht vorstellen wie arschkalt es da plötzlich da oben war. Ich merkte, dass Jonas ein bisschen angeöffnet war und ging schnell weiter bis zu einer großen Wechte, die jedoch noch einen Meter Platz bis zum Abgrund ließ, um dahinter einen windgeschützten Platz zu finden. In demselben Moment kamen auch die anderen beiden wieder runter gekraxelt und setzten sich neben uns auf dem letzten verbleibenden Stück. Da saßen wir also zu viert auf über 5300m, unter uns irgendeine Tiefe, hinter uns ein Polarwind und immer noch nachts. Nach ein paar Schlücken Wasser mussten wir relativ schnell entscheiden, bevor wir alle noch im Ötzi Museum landen. Der Guide meinte, dass es derzeit zu viel Wind habe und es nicht abzuschätzen sei wie erst das steile Abklettern am Fels und dann die vereisten 150hm zum Gipfel seien. Also machten wir uns selbst ein Bild und krochen aus dem kalten Loch raus in die noch kältere Welt. Die Felspassage ließen wir schnell hinter uns und es stellte sich heraus, dass es beim Abklettern einige gute windgeschützte Plätze gab. Dennoch sicherten wir an eins, zwo Haken provisorisch, da wir auch nicht mehr 100 Prozent mental fit waren. Im Nachfolgenden stiegen wir entlang eines 50 Grad steilen Eisgrates Richtung Gipfel auf, wobei jeden Meter die Luft spürbar dünner wurde und jeder Schritt irgendwie auch ein Schritt weg vom Zelt war. Mussten wir ja auch noch wieder auf dem Rückweg das 100Meter Abklettern wieder hoch… Die letzten 30hm unter dem Gipfel waren dann auch noch das Eis weg. Ich sah schnell drei Möglichkeiten: Entweder links in Vater seinem brüchigen Gelände halbwegs umsteil und ungesichert hochklettern, gerade im steilen und vereisten Fels hoch, wo normalerweise die Route ist oder eben nach links, halb in die Nordwand in gutes Eis ausweichen, dafür gut gesichert. Letztere war mein Favorit, dennoch fühlte ich mich auch nicht mehr bereit diese Entscheidung für Jonas mit zu treffen, weswegen ich ihm den Vortritt überließ und mir es prinzipiell auch egal war. Also gingen wir die natürlich die brüchige Variante, wobei ich zu schaute wie Jonas sich Richtung Gipfel wühlte. War es doch am Ende die leichteste Variante und es lief alles halbwegs reibungslos. Einige Minuten später standen wir dann endlich auf dem Gipfel, schauten uns an und umarmten uns, wobei beide höhengetroffene Gesichter ein breites Lächeln noch herzaubern konnten. Dieses Gefühl von Freiheit war wirklich besonders. Paar Sekunden später wachten wir wieder auf, hatten wir doch beide einen kochenden Schädel und da war ja noch das Stück was wir eben hoch gewühlt sind. Schnell entschied ich, dass wir dieses Mal meine Variante gehen und ich mit Eisschrauben die Passage absichere. Eine Stunde später standen wir dann auch endlich vor dem Aufklettern und ich war wirklich kurz in Sandhurst Starre. Ich entschloss noch schnell das Seil wegzunehmen, bekam ein zustimmendes Gesicht und fokussierte mich alleine dann auf das Klettern ohne dabei Ballast für Jonas zu werden und obenstehend anzukommen. Oben an dem Gipfel wieder angekommen, legte sich plötzlich ein Schalter um und ich war wieder zurück. Den folgenden Abstieg bis zum Camp trotteten wir getroffen von der Höhe gemütlich runter wobei ich immer wieder nach hinten zu Jonas schaute, der sich in der weißen Welt wie ein Yeti nach unten trug. Am Camp angekommen, wartet auch schon Carlo der Esel auf uns. Hatte ich den letzten Abstieg an die 2L Cola gedacht, die wir uns wieder für 20Bolivianos bei dem wer auch immer Typ kaufen würden, bekam ich einen Schlag ins Gesicht, als es hieß, dass die Cola leer sei. Den restlichen Mittag und Tag verbrachten wir mit Carlo und seinen Freunden und beim Zuschauen wie eine Echse die folgenden Stunden immer wieder 20cm aus ihrem Loch kam und wieder zurück ging. Bekommt wohl nicht so viel vom Leben und der Welt mit.


In der Nacht wachte ich ein paar Mal auf und hörte wie Jonas hustete. Als der Wecker klang, beklagte ich mich wegen Halsschmerzen und sah mit einem offenen Auge, dass Jonas wohl noch schlimmere hat. Also stellte ich den Wecker optimistisch 2h später. Tatsächlich brachen wir danach um 04:30 Richtung Condoirigletscher auf, nachdem Jonas wohl wir er mir schilderte, in der Nacht keine Luft mehr bekommen hatte. Später erklärten wir uns, dass es irgendeine Allergie oder sonstiges gewesen sein müsste. Vielleicht die Riesenspinne? Aufjedenfall stiegen wir mit Einbruch der ersten Sonnenstrahlen über ein großes Geröllfeld bis zur Scharte zum Gletscher auf. Auch hier bekamen wir die dünne Luft gut zu spüren. Dennoch entschieden wir weiter und langsam bis zum Condoiri-Vorgipfel über einen wunderschönen eisigen Gratrücken bis auf 5500 Meter aufzusteigen. Hier war weit und breit wirklich nichts. Kein Geräusch, kein Tier, nichts weiter von der Welt zu sehen außer die uns umgebenden wilden Berge. Den Abstieg gingen wir ganz entspannt an, da wird doch relativ flott waren. Nachdem es wieder keine Cola gab und Carlo auf meinem Rucksack ejakulierte, war es definitiv Zeit die Base abzubauen und abzusteigen. Ja das mit der Cola stimmt und die Geschichte mit dem Esel ist auch nicht erfunden. Unten wartete zu unserem Erstaunen dann auch schon Miguel überpünktlich, während wir uns schon überlegten, welche Hits wir ihm zeigen wollten. Miguel und sein Kumpel feierten die Musik zu unserem Erfreuen aufjedenfall ziemlich heftig und er schaffte es tatsächlich noch radikaler als auf dem Hinweg zu brettern. Und so wie es kommen musste, kam es auch. Voll über einen Hubel gedonnert, machte das Auto ein Geräusch, welches ich einer kaputten Achse zu ordnen würde. Aufjedenfall fuhren wir weiter, machten einen Stopp auf der Autobahn um zu schauen was mit dem Auto ist, bis die Polizei an der Mautstelle Miguel darauf aufmerksam machte, dass das Auto schief fährt und er die ganze Zeit gegenlenkt. Paar Minuten später war die Zeit mit Miguel auch zu Ende und wir durften mit einem Freund von ihm durch La Paz Cruisen. Den Abend verbrachten wir mit Körperhygiene und sicheres Vollfuttern bei Burger King. Da werden sogar die Pommes in 0.5L Bechern ausgegeben.


Den darauffolgenden Tag verbrachten wir mit Sightseeing und dem skurrilsten Club Aufenthalt den wir bisher hatten. Die Tänze und die Musik sind wirklich unglaublich. Am nächsten Tag ging es dann angekatert Richtung HuyanaPotosi Base Camp und somit unseren ersten 6000er. Die Fahrt dorthin war deutlich kürzer und angenehmer, was auch wirklich gut so war. Am Fuße des Berges angekommen, entschieden wir uns erstmal ein Päuschen zu machen und den Aufstieg auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Der Wetterbericht kündigte 7cm Schneefall von gestern, gehörigen Wind und Minus 23 Grad an. Aber es gab ein Fenster in dem es nicht Schneien sollte und zu dieser Zeit wollten wir es angehen. Irgendwann fingen wir mal wieder an zu philosophieren und ließen den Abend Revue passieren. Quintessenz: Warum dreht sich in unserer heutigen jungen Gesellschaft alles ums Bumsen und Saufen? Bei der Überlegung, was einige aus unseren früheren Jugendkreisen heut so treiben, schauen die Wochenenden und die Themen irgendwie immer langweilig gleich aus und von den richtigen Beziehungen gibt es auch immer wenigere. Den Podcast dazu wird es wohl nicht geben aber wir sind aus der Welt. Den Aufstieg verrichteten wir problemlos. Bei den zahlreichen Hütten war es dann deutlich schwieriger das System zu verstehen und welche empfehlenswert war. Wir entschieden uns für die Höchste direkt am Gletscher, die uns auch wohl von dem Besitzer empfohlen wurde. Wenn ich doch eins aus Albanien gelernt hatte: gehe nicht in das Guesthouse, wo du reingelockt wirst und frage zuerst nach dem Preis. Hier gingen einfach scheinbar alle ein und aus wie Sie Lust hatten. Beim Abendessen unterhielten wir uns noch mit zwei sehr netten Studenten aus Deutschland, die auch bald nach München ziehen möchten.


Nach der kurzen Nacht, bei der alle wirklich viel zu früh aufbrachen, gingen wir als Letzte los und konnten anhand einer Stirnlampen Route schon den Anfang der Route aus machen. Weit waren die aufjedenfall nicht gekommen, dachte ich mir. Auch dieses Mal legten die langsamen Deutschen los wie die Feuerwehr. Und dieses Mal konnten wir irgendwie auch auf der Überholspur bleiben. Innerhalb 1:30h hatten wir alle überholt, die 2h früher aufbrachen und plötzlich waren wir auf 5800 wieder alleine in der Dunkelheit. Und dann wurde es kalt. Arschkalt. Pausen fielen aus, ging einfach nicht, auch wenn ab 5900m die Höhe einen zu Pausen drängen wollte. Wir versuchten einigermaßen im Takt zu bleiben und stiegen entlang des Grates weiter auf bis wir dann wirklich auf dem Gipfel des Huyana Potosi standen. 3:15h hoch, das war wirklich flott. Oben war es stockdunkel und wir verharrten aufgrund der Wettergeschichte nicht lange, sondern machten uns auf dem Rückweg, bei dem die langsamen Deutschen plötzlich Anerkennung zu gesprochen bekamen. Nach 5h waren wir zu Frühstückszeit der Truppenküche wieder unten und gönnten uns einen zweiten Schlaf. Ursprünglich wollten wir dann noch Eisklettern gehen und auf der Hütte verbleiben. Doch die Dreistigkeit des Hüttenwirtes veranlasste uns mit den Guides abzusteigen und auf eine vorzeitige Rückkehr nach La Paz zu hoffen. Und so war es dann auch, denn unser Fahrer war tatsächlich vor Ort und nahm muss zurück nach La Paz. Die grausame Luft haben wir aufjedenfall nicht vermisst, dafür freuten wir uns viel mehr mit einem Bolivianer und einer Französin in unserem Restaurant unseres Vertrauens essen gehen zu können.


Dort lernten wir dann auch weitere Einheimische kennen, wodurch wir in den nächsten Tagen plötzlich ein ganz anderes La Paz zu sehen bekamen. Es war wirklich erstaunlich wie schnell wir in diesen Kreis aufgenommen wurden und mehr über die Sicht der jungen Leute zu erfahren. Nebenbei stellte sich auch raus, dass Burger Week war, weswegen wir auch beschäftigt waren hammermäßig geile Burger zu futtern, die so billig waren, dass wir gar nicht genug essen konnten. Bald war uns klar, dass es nur noch zwei Programmpunkte gab. Der Illimani und die fette Hausparty der Einheimischen anschließend. Nachdem die Burgerweek also langsam auslief und wir allmählich auch wirklich keine Burger mehr sehen konnten ging es endlich zu unserer letzten Expedition. Am letzten Abend vor der Abfahrt in das Basecamp packten wir unser Zeug zusammen und checkten das letzte Mal das Wetter. -28 Grad am Gipfel des Illimanis sollten es sein, was wirklich ziemlich kalt war. Am Morgen fuhr uns dann der Shuttlebus mit einer Verspätung von 75 Minuten endlich in Richtung Basecamp.

Die Fahrt war hierbei vorsichtig ausgedrückt besonders. Normalerweise wird ein hochmodernes Allradauto für die Anreise zum Basecamp genutzt, jedoch besaß unserer Fahrer Carlos nur den uns nur zu gut bekannten alten Schrottbus, der schon bei der kleinsten Steigung ins Schwitzen kam. Dementsprechend fiel auch unsere Fahrt aus, jedoch gab Carlos wirklich alles um uns ans Ziel zu bringen und nahm hierbei den ein oder anderen Schaden an seinem Auto hin. Kurz beschrieben war die Fahrt sehr sehr lange (4 Stunden), absolut hupelig, fern ab jeglicher Zivilisation und eine Erfahrung die wir wirklich nicht nochmal erleben wollten - zumindest nicht mit so einem Auto. Endlich angekommen in einem kleinen Dorf, welches den Zielpunkt für Jonas und mich darstellten sollte, gab es wieder das nächste Problem. Der Stammesälteste dieses kleinen Dorfes verlangte von uns beiden 40 Euro als Einlass auf SEINEN Illimani. Wir schmunzelten und gaben Ihm das Geld als er dieses erhalten hatte, verlangte der gute Mann jedoch weitere 40 Euro als Erlaubnis dafür, dass wir nun auch den Weg hochlaufen dürfen können. Ironischerweise zeigte uns der alte Mann noch eine weitere Option, welche beinhaltete 100 Euro zu bezahlen und dann mit einem seiner Amigos auf den Eseln oder einem der Motorräder hoch zu reiten. Da wir beide aber natürlich die wirklich charmlose Abzocke sofort erkannt hatten, diskutierten wir mit dem Mann ca. zwei Stunden bis dieser uns endlich kostenlos gehen ließ. Absolut angepisst und erschöpft von der Deutsch- Spanisch Konversation stiegen wir am Nachmittag dann endlich Richtung Basecamp auf. Dort angekommen errichteten wir auf ca. 4500m unseren Schlafplatz und genossen den eindrucksvollen und unvergesslichen Sonnenuntergang über der Stadt von La Paz. Am nächsten Morgen hieß es dann Aufsteigen mit dem gesamten Gerödel in Richtung Highcamp. Dieser war wirklich sehr ermüdend und anstrengend, da wir neben unserem eigenen Gewicht natürlich die ca 50 kg Zusatzgewicht in das Highcamp befördern mussten. Auf dem Weg nach oben trafen wir eine Reisegruppe, welche in Begleitung von einem zwei Trägern und einem Bergführer versucht hatten den Illimani am Tag zuvor erklimmen. Spätestens hier merkten wir, dass mittlerweile auch Geld im Bergsport die Branche regiert oder wie Jonas sagte: „Es kann nicht sein das diese ganzen Bergtouristen nur 500 Euro mehr bezahlen müssen und der Bergführer schleift die dann irgendwie da hoch“. Ich musste mir eingestehen, dass er schon Recht hatte, denn wir beide planten und trainierten ein halbes Jahr für diese Touren und versuchten Gewicht zu sparen wo es nur ging, damit wir es irgendwie schafften die gesamte Ausrüstung mit uns zu schleppen. Andere Leute hingegen stellten einfach für die Tour vier persönliche Diener ein, welche alles an Gewicht für diese bis zum Gipfel hochtransportierten. Für uns reduzierte dies die Besonderheit auf einem dieser Gipfel zu stehen enorm, da mit Unterstützung auch wirklich unsportliche und unerfahrene Menschen in der Lage waren diesen Gipfel zu erklimmen. Ich hielt für mich als Fazit fest, dass nur Bergsteiger welche ihr eigenes Zeug selbst schleppen am Ende des Tages auch wirklich sagen können, dass sie den Gipfel wirklich bezwungen haben, da dies die Schwierigkeit meiner Meinung nach mindestens verdoppelte. Dann ging alles ziemlich schnell und wir erreichten nach 4 Stunden Aufstieg endlich das Highcamp, welches wir diese Nacht ganz für uns alleine haben sollten. Die auf 5500m herrschenden Temperaturen von -9 Grad zwangen uns schnell in den warmen Schlafsack und sorgten dafür, dass wir kaum schliefen. Geschweige denn das "Veltnis Bierflaschen Zelt" - deklariert als North Face Exped Zelt - welches absolut am Limit war. In der darauffolgenden Nacht ging es dann um 2 Uhr endlich Richtung Gipfel. Die extreme Steigung gemischt mit dem ekelhaft kalten Wind machten das erklimmen jedoch zu einem wirklich kräftezehrenden Marsch. Deutlich nach Sonnenaufgang erreichten wir dann wirklich mit buchstäblich letzter Kraft gegen 0700 den lang ersehnten Gipfel. Wir müssen hier jedoch ehrlich sein und euch mitteilen, dass wir nicht ganz am Gipfel stehen konnten. Durch den starken Wind und die eisige Kälte hatte der Neuschnee vom Vortag circa 10cm dicke Schneeplatten über dem eigentlichen Eis gebildet. Es wäre somit nur unter Eingehen eines nicht kalkulierbaren Risikos möglich gewesen die letzten 80hm des Gipfels zu erklimmen. Da wir bei dem Versuch die Platten zu zerstören und die Eisschrauben in das da drunter liegende blanke Eis zu schrauben schon zweimal in eine heikle Situation geraten waren, akzeptierten wir, dass wir die letzten Meter einfach nicht besteigen können und es diese nicht wert waren auf den letzten Metern doch noch in höchste Lebensgefahr zu geraten. Leicht gekränkt, aber trotzdem unglaublich stolz auf unsere eigene Leistung stiegen wir noch am selben Tag die gesamte zurückgelegte Strecke bis in das kleine Dorf ab und ließen uns von Carlos zurück in die Stadt fahren. Das war dann hoffentlich der letzte Mammutabstieg nach dem Mont Blanc im Juli.


Hier wartete nun das letzte Highlight auf uns, da wir zusammen mit Marjorie und ihren Freunden in ihren Geburtstag rein feierten und die Möglichkeit bekamen viele neue Kontakte zu knüpfen. Dies war die Krönung einer unvergesslichen Zeit in Bolivien, da wie buchstäblich bis zum Morgengrauen tanzten und feierten.

Den folgenden letzten Tag verbrachten wir damit nochmals damit durch die Straßen von La Paz zu ziehen sowie kulinarische Köstlichkeiten zu essen. Zumindest bis Johannes aufgrund von plagenden Bauchkrämpfen und heftigen Magen-Darm-Beschwerden die letzten Stunden liegend im Hostel verbrachte und versuchte auf sein Leben klar zu kommen. Also hatten wir es schlussendlich doch noch geschafft. Bolivien und Lebensmittelvergiftungen sind wohl mehr als ein Klischee für den europäischen Magen, der mit den hygienischen Zuständen, die auf prinzipiell allen Märkten und Straßenverkäufen vorherrschen, schlicht weg komplett überfordert ist. Aber ehrlich gesagt - wenn wunderts auch, wenn du schon den Fisch und das Fleisch tonnenweise ungekühlt den ganzen Tag lang in der Sonne von La Paz braten lässt. Naja wenigstens ist unsere Taktik vor all den Touren aufgegangen. Entweder Burger King oder gehobenes Restaurant gemischt mit viel Coca-Cola oder dem bolivianischen Fake Coca Quina. Aufjedenfall hat sich Johannes noch irgendwie in das Taxi und schließlich den Flieger geschleppt, wobei von wirklicher Anwesenheit da nicht mehr gesprochen werden kann und Jonas nicht nur alle administrativen Angelegenheiten übernahm sondern auch das Hirn mitsteuerte.

 
 
 

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