Kolumbien - Zwei Gringos zwischen Gangstern und Freunden
- Johannes Wingenfeld

- 21. Sept. 2022
- 6 Min. Lesezeit
Mit der morgendlichen Landung in Kolumbien sprang dann ein Schalter um. Also nicht nur das Wohlergehen von mir sondern auch das Klima, Umwelt und irgendwie alles andere änderte sich. Allein der Hinweg zu unserem AirBnB, welches wir glücklicherweise über Jan -thewyhnotway - orderten und sich als Volltreffer herausstellen sollte, wurde uns von den zahlreichen überaus freundlichen Menschen förmlich bis zur Haustüre gezeigt. Einzig das Straßennetz, welches sehr einfach und unkompliziert gestaltet ist, mussten wir erst noch durchleuchten. Insgesamt machte die unglaubliche große Stadt Bogota einen sehr geordneten Eindruck und weißt definitiv im Vergleich zu La Paz europäische Standards auf. Begeistert waren wir auch von den überwältigend vielen Sporttreibenden, für die, wie wir später von Karen - Jans Bekanntin - erfuhren sogar größere Straßen gesperrt werden. Hinzu kam, dass der 15. August ein Feiertag in Kolumbien ist, sodass sich in dem kleinen Apartment neben Karen, ihrer Schwester, zwei weiteren Mädels aus Venezuela und auch ein Reservist einfanden und zu exklusiven kolumbianischen Kaffee über Südamerika, Europa, Politik - Gott und die Welt - unterhielten, was wirklich interessant und aufschlussreich war. Einmal mehr dachten wir uns wie besonders eigentlich Südamerika ist und wie besonders es noch wäre, wenn wir doch noch bissl „Espanyol sprechen“ würden. Wir können wirklich nur jedem ans Herzen legen, das Gespräch mit den Locals zu suchen, offen zu sein und möglichst wenige Vorurteile aus Europa hierher zu bringen. Wir waren wirklich von dieser Gastfreundschaft überwältigt.
Den darauffolgenden Tag verbrachten wir damit morgens die nahgelegene Kletterhalle auszuchecken, wobei wir uns zunächst fragten wieso der Hallenbetreuer um Gottes Willen mit Helm sicherte. Nach einigen Routen, kancksenden, lockeren und abgenutzten Griffen war uns klar, dass hier kein TÜV Süd die Halle komplett durchcheckt. Dafür bietet die Halle ein sehr cooles Ambiente und für Kolumbien, wo nicht an jeder zweiten Ecke eine Boulderwelt Süd wartet, eine wirklich super Klettermöglichkeit. Danach düsten wir mit einen der unzähligen Taxis in die City, um das Goldmuseum und der Geschichte des Goldes in Südamerika auf der Spur zu gehen. Uns schien es langsam, dass Kolumbien irgendwie ein Paradoxon ist. Auf der einen Seite diese freundlichen offenen Menschen und auf der anderen Seite diese Menschen, die jegliche Chance versuchen zu ergreifen, um die ganzen Gringos abzuziehen und die Kriminalität, die versucht wird durch ein riesiges Polizeiaufgebot und Hunden zu unterdrücken. Und irgendwie stehen die Polizisten doch nur rum, hören Musik oder essen. Da fragten wir uns wirklich über es doch nicht einfach besser wäre wie in Deutschland ein SEK an die richtigen Orte zu schicken um Besuche abzustatten. Vielleicht ist dafür aber auch der Gap zwischen Arm und Reich zu groß bzw. am Ende regiert wieder das Gold…Die Stadt Bogota hat aufjedenfalleiniges zu bieten, welches wir sicherlich nicht alles erleben konnten.
Am Abend ließen wir uns es nicht entgehen, die hochgepriesenen kolumbianischen Fiesta auszutesten. Hierfür bietet sich das Gringos Tuesday perfekt an. An diesem Ort treffen sich einheimische Studenten mit jungen Leuten aus aller Welt. Auf der Hinfahrt ließ es sich nach einer hitzigen Diskussion mit dem Taxifahrer nicht vermeiden, dass uns Gringos mal wieder einige Pesos abgeknüpft wurden. Darüber wollten wir uns aber gar nicht groß aufregen, sondern wollten endlich raus und feiern gehen. Und ehrlich gesagt hat man hier als Europäer dann doch immer ein wenig Angst in größere Schwierigkeiten zu geraten. Die Party sowie die Location waren wirklich cool. Viel mehr aber der Mix zwischen Südamerikaner, die mit ihren Reggaeton und den für Europäern unvorstellbaren Hüftschwüngen die Männer verführten und den Ausländer, die zu global Beats europäische Dance Moves auspackten. Mit der Zeit kamen wir beim Tischkicker in sehr interessante und schöne Gespräche, die uns sicherlich in Erinnerung bleiben werden. Partys gehören irgendwie zu so einem Trip hinzu und wir können nur jedem empfehlen sich auf die Tanzfläche zu trauen und die europäische Hüfte vom Rost zu entfernen. Das macht das Kennenlernen sowie Austauschen um Einiges einfacher. Schließlich entschieden wir uns irgendwann mitten in der Nacht abzuziehen. Draußen von wartendem Taxifahrer freundlich begrüßt, fingen wir wieder das strenge Verhandlungsgeschäft an. Doch schnell war klar, dass wir dieses Mal nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden und dieses Mal waren wir auch voller Überzeugung nicht einen einzigen Pesos mehr rauszurücken. Also entschieden wir uns die 3km gemütlich zurückzulaufen. Schließlich sind des von der 089 Bar sogar 10km zur Uni und das sind wir auch öfters in anderen Zuständen gegangen und wir wollten auch nicht in Gefahr laufen, wie Karen uns aus ihrer Erfahrung erzählt hatte, im Taxi ausgeraubt zu werden. Ende der Story war aufjedenfall, dass wir beide im Bett lagen und irgendwie heilfroh waren, dass noch alles bei uns heil und vorhanden war. Also Bogota bei Nacht ist irgendwie nicht das Bogota bei Tag. Als wir auf den verlassenen, nur mit sehr seltsamen Leuten unterhaltenen Gassen unterwegs waren, biegen wir um eine Kurve als eine Gruppe von Leuten mit nicht definierbarem Auftrag chillt und einer und lächelnd anquatscht. Ihr ein Mix aus Ah Englisch, Cocaine, Stop etc. bekommen wir mit, wobei wir den Amigos den Kopf zu schütteln und unsere Köpfe in den Alarmzustand schalten. Der eine Dude nickt einem im gelben Trikot zu, wie Jonas aus seinen Ghetto Erfahrungen anschließend analysiert, wodurch dieser uns langsam anfängt zu folgen. Jonas wechselt die Straßenseite, während ich mir nichts allzu großes zu nächst denke. Paar Sekunden später, zählt Jonas von 3 runter und ich denke mir, wahrscheinlich soll ich jetzt mal bissl auf die Tube drücken, weil der Hänger kommt irgendwie unangenehmer näher und scheint aus seiner Unterhose ein Messer zu zücken. Dies ist das Kommando für den Sprint, bei dem er leider vollkommen chancenlos war. Ab dato galt es mal wieder ganz nach dem Motto „keep Moving“ durch die Gassen bis zu unserem Apartment.
Den darauffolgenden Tag lassen wir dann lieber mit schönen Gesprächen und einer Tour mit Karen deutlich ruhiger angehen, bei der wir sie über die Historie Deutschlands und den jetzigen Krieg in der Ukraine aufklären, über den leider irgendwie komplett andere Informationen herrschen. Für unseren letzten Tag beschlossen wir dann in aller Früh gemeinsam auf den Hausberg Bogotas - den Monserrat - zu steigen. Hierfür fanden wir uns um circa 5:30 am Fuße des Berges ein, wo schon eine große Masse zu warten schien. Wir freuten uns schon auf einen local Berglauf Event, bei dem wir vielleicht teilnehmen könnten. Kurz darauf klärt uns Karen jedoch auf, dass es sich bei dem vielen wartenden Menschen nicht um ein Laufevent handelt, sondern dass derzeit einfach oben irgendwo paar Räuber mit Pistolen und Messern stehen und die Sportbegeisterten bedrohen. Ihr könnt euch vorstellen wie wir uns in diesem Moment angestarrt haben. Da willst morgens in aller Herrgottsfrüh einen gemütlichen Bergmarsch machen und dann laufen da paar Gestörte mit Knarren rum. In der Zwischenzeit kamen aufjedenfall immer mehr Menschen geschockt und kopfschüttelnd den Berg herunter. Paar Minuten später auch jemand mit leichten Kopfverletzungen. Dennoch herrschte hier irgendwie eine völlig ruhige Stimmung und zwei Minuten später stiegen auch wir dann mit den ersten, die sich trauten, den Weg zum Monserrate auf. Der ca. 500hm steile Weg ist wirklich sehr empfehlenswert und eigentlich für jeden Touristen ein Muss hier in Bogota. Die Aussicht oben über die Stadt ist umwerfend und erklärt auch, warum zahlreiche Einheimische jeden Morgen hier aufsteigen. Generell blieben uns die Menschen in Bogota als außergewöhnlich sporttreibend in Erinnerung, ganz im Gegenteil zu den anderen Städten in den wir bisher gewesen waren. Im Abstieg liefern wir uns dann noch eine Challenge und versuchen die schnellste Zeit im Downhill aufzustellen✔️ mit dicker Muskelkater Garantie. Unten wartete dann auch die Medien und schienen von den Ereignissen live zu berichten, was dazu führten, dass 1 Stunde später zwo Deutsche im TV zu sehen waren, wovon der eine Coca-Cola Schleichwerbung produzierte. War wohl doch nicht so ruhig und gewöhnlich gewesen wie wir dachten. Wir beendeten schließlich das Kapitel Kolumbien vorerst mit einem mal wieder genialen und unglaublich billigen kolumbianischen Frühstück und einem Last Call Run am Airport. Wir konnten die kurze Zeit hier wirklich intensiv nutzen um die Menschen hier näher kennenzulernen. Dennoch hat man mit Berlin leider auch nicht Deutschland richtig erlebt. Dementsprechend führt kein Weg vorbei ein zweites Mal rüberzukommen. Natürlich würden wir uns aber auch über Besuch aus Kolumbien freuen. Die Zeit im Flieger nutzen wir um die Planung für Zuhause voranzutreiben, wobei wir gleichzeitig sehr gespannt waren was uns in Miami erwarten wird und wie zudem der Kontrast zu unseren jetzigen Stationen ausfallen werden würde.




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