Brasilien - Jungle Cruise
- Johannes Wingenfeld
- 21. Sept. 2022
- 6 Min. Lesezeit
Am Ende des Tages landen wir nach einer Pariser U-Bahn Fahrt, bei der wir beide an der Endstation vor lauter Optimismus am Boden eingepennt sind und von irgendeinem Franzosen geweckt werden, bevor wir wieder an das anderes Stadtende fahren und einer gemütlichen Nacht am Pariser Airport mit Zwischenstopp in München - dieses Mal problemlos abends in Rio de Janeiro, wobei eine Frage bleibt. Wieso musste alles so lange dauern? In Rio werden wir dann schon herzlichst von einem Schwarm Taxifahrern auf einer Sprache empfangen, die nicht unserem Wortschatz entspricht. Nachdem wir es nun endlich durch die Menge geschafft haben, beginnt die eigentliche Suche nach unserem Mietwagen. Irgendwann fragen wir einen Herr, der uns wie er mitteilt für eine kleine Geste, einen kleinen "Tip", uns sehr gerne den Weg zeigt. Ich habe keine Lust weitere Zeit zu verschwenden und drücke dem „gnädigen Herrn“ nen Euro in die Hand und er erklärt uns das die Firma hier anders heißt und zeigt uns den Weg. So läuft das also hier denken wir uns. Nach den ersten Kommunikationsschwierigkeiten hocken wir endlich in unserem VW Polo und düsen geschwind aus dem Parkhaus. Aber wohin eigentlich? Gute Frage, Navi haben wir keins, Internet auch nicht. Okay dann eben old school den Straßenschildern nach und einen McDonalds für Internet auftreiben. Nach kurzer Zeit landen wir in irgendwelchen dunklen Gassen, die uns so langsam den Anschein machen, dass dies genau diese Straßen sind, von denen die Eltern immer gewarnt haben und die man nach jedem Reiseführer unbedingt meiden soll. Wir stehen an den roten Ampeln und fragen uns nur wohin in diesem Labyrinth? Irgendwie realisiere ich langsam, dass hier niemand bei Rot hält - hat wohl auch seinen Grund. Nun fahren wir ab sofort über jede rote Ampel und Einbahnstraßen missachten wir gleich auch. Nachdem wir irgendwelche Gassen mit mind. 30 Grad Steigung bei denen der Polo im 1. Gang schon langsam ins Schwitzen kommt und danach gefühlt 20 Leute sich um unsere Auto versammelt hat, reicht es uns und wir treten den Rückzug an bis wir an einen Supermarkt kommen. Internet scheint man hier aber wohl auch nur gegen eine einheimische Passportnummer zu bekommen. Ich habe Null Bock mehr und schalte mein arschteueres O2 Internet zum nächsten McDoof an, der dann auch kein Internet hat. Was ein Land denken wir uns. Nebenbei stinkt der Smog ungeheuerlich, die Leute machen wie Rumpelstilzchen mitten auf der Autobahn Lagerfeuer und vor den Restaurants treffen wir einen Mann mit gekrümmten zerkratzten Rücken, der irgendwas von sich gibt und aus dem Müll alte Fleischstücke nascht. Wir sammeln uns kurz und entscheiden dann an dem ursprünglichen Plan festzuhalten und Rio erst mal zu verlassen und nach Petropolis zu fahren. An einer Mautstelle fahren wir dann erstmal rückwärts raus, nachdem wir irgendwie nicht bezahlen konnten und fahren dann zur automatischen Schranke, die sich dann irgendwann öffnet, nachdem wir bettelnd gewartet hatten. Den Tag lassen wir dann in der Nacht auf Brasilianischen Passstraßen ausklingen und parken dann irgendwann das Auto in einer steilen Seitenstraße irgendwo in diesem Petropolis. Hier wird’s niemanden Jucken und es ist ruhig denken wir uns. Jonas, der weiterhin noch krank ist, pennt im Auto, während ich mich neben das Auto auf dem Bürgersteig kuschele. Jede Stunde wache ich auf, weil ein Kleinbus hier oben noch irgendeine Haltestelle am gefühlt letzten Ende der Welt um unvorstellbare Uhrzeiten bedient.
Um kurz vor 7 habe ich genug und entschließe mich für ein Erkundungsläufchen, während Jonas noch weiterschläft. Der Nase nach komme ich bergauf irgendwann immer mehr in Wohngegenden, die mir den Eindruck eines Ghettos machen. Überall Hunde, die einem bei der nächsten Gelegenheit verspeisen und Menschen, die im Müll wühlen und einem bei jeden mal komisch anschauen. Always keep moving denke ich mir und laufe die Straßen nach 10km wieder zurück Richtung Auto. Die Natur ist wunderschön hier oben und auch die Stadt hat sehr schöne Ecken, die wir Mittags bei einer Wanderung auschecken. Die Internet-Suche haben wir derweil aufgegeben und begeben uns nun auf einer Fahrt rund um den Nationalpark bis nach Tetropolis, wo wir beschließen eine Dschungel Wanderung auf einen 2000Meter Felsblock über den Dschungel zu machen. Die Trails hier sind wirklich gigantisch und die Natur einzigartig. Ganz im Gegenteil zu dem was wir bei Bergwanderungen in den Alpen gewohnt sind, muss man hier aufpassen das man nicht von einem schreienden Vogel umgerannt oder geflogen wird oder einem ein Affe auf die Schulter springt. Schlangen soll’s hier auch geben, vielleicht haben die eben deswegen auch so Schwerter dabei gehabt, denken wir uns im Nachhinein. Die Stimmung und Atmosphäre sind hier wirklich einzigartig und wir wünschten uns noch mehr und längere solcher Touren unternehmen zu können, beschließen aber mit dem Auto heute noch nach Rio zu fahren, um in das Hotel einzuchecken. So langsam werden wir mit den Straßen und den Bedingungen hier vertraut. Am nächsten Tag beschlossen wir Klettern zu gehen und steuern dafür den Zuckerhut an. Über einen „dschungelartigen“ Trail gelangen wir an den Wandfuß der Wand, die am Top von einer Seilbahn bedient wird und von Tausenden Menschen besucht wird. Die Wand sieht definitiv nicht leicht aus und wir wissen, dass es eine Route hochgeben soll, sind uns jedoch aber nicht sicher wie schwer diese ist. Dennoch haben wir ein gutes Gefühl und versuchen uns, wie sich später rausstellt, unser Glück an dem Mega-Klassiker von Rio. Die Kletterei war wirklich atemberaubend und ausgesetzt, wobei man stets ein Blick auf Rio, die Beaches von Ipanema und Copacabana sowie die ungeheuerlich riesige Jesus Statue hat. Nach mehreren anstrengenden Seillängen steigen wir endlich über das Gelände der Aussichtsplattform und werden von den zahlreichen Touristen begrüßt. Unsere Unternehmung hat wohl durch die Seilbahnfahrten Aufmerksamkeit erweckt, sodass viele Videos von diesen ja schon fast Unmenschen gemacht wurden. Man stelle sich die ganzen Strandtouristen vor, die das erste Mal Seilbahn fahren und dann noch plötzlich Kreaturen mitten in einer Steilwand entdecken, die ja da schon lebensmüde hinaufsteigen. Hier oben lernen wir auch zwei Deutsche kennen, die eine Weltreise mit dem Motorrad machen und mit denen wir in Kontakt bleiben. Die allerschönste Regel hier oben ist aber wohl: Wer hochklettert, fährt kostenlos runter. Ja so gehört sich das auch! Und überlegen über eine Einführung solch einer Regel in den Alpen, anstatt der unerschwinglichen 60Euro die man für die Bahnen gut und gerne mal blechen kann.
Am Abend bringen wir auch unser Auto wieder zurück, wobei wir natürlich die Kreditkarte vergessen kann. Gott sei Dank regelt Apple Pay an der Tankstelle, wo die Preise noch human sind. Zahlen wir bei uns im Vergleich zu den Kröten hier dicke Batzen um die Umwelt zu schonen und den Klimawandel zu stoppen, wohingegen hier dann für unsere Einsparungen mehr verschwendet werden kann. Das Wort Klimawandel ist hier nicht bekannt. Bei der Abgabe des Autos teilen wir uns auf und Jonas versucht Geld wechseln zu gehen, damit wir später noch paar von den erschwinglichen Cocktails probieren können. Die Kurse an der Wechselstube sind wieder mal mehr als unverschämt, weswegen Jonas sich mehr als zurecht
entscheidet diese geldgierigen Piranhas nicht zu unterstützen. Noch bevor er sich um geschaut hat, findet er auch schon wieder einen Herr der versucht ihm zu erklären zu einem seriösen Kurs unseriös im Aufzug das Geld zu wechseln. Wo bei jedem jetzt die Alarmglocken an gehen würden, folgt Jonas dem Money Changer und tauscht am Ende des Tages im Aufzug zu einem fairen Kurs. Kaum später gibt es aber schon wieder die nächste Abzocke über die wir uns mal wieder eschauffieren. Wollen wir doch mit dem Taxi zurückfahren, erklärt man uns beim Verhandeln des Preises wutausbrechend, dass wir ja Europäer sind und dementsprechend mehr zahlen könnten. Diese Dreistigkeit lassen wir uns nicht bieten und suchen uns einen anderen Herr der uns netterweise zu faireren Konditionen zum Hotel zurück verbringt. Den Abend lassen wir an der Copacabana beim Spiel der Heimmannschaft Flamengo ausklingen, wo wir auch definitiv den besten Cocktailmaker aus ganz Rio kennenlernen und seinen netten Freund, der uns anfänglich mit einer außergewöhnlichen Steigerung von 5Sekunden Bracelets über Weed, Cocaine und frischen Pussys andrehen möchtet und dabei unfassbare Talente in der Pantomime besitzt.
Den letzten Tag in Rio verbringen wir natürlich damit zur Corcovado zu wandern, wobei wir bewusst dem Touristenmainstrom umgehen wollen und auch auf die Helikopter Tour dankend verzichten. Dagegen regen wir uns mal wieder äußerst auf, warum wir dieses Mal oben bei der Frau noch mehr zahlen sollen, weil wir eben gelaufen sind. Nachdem wir zunächst überlegen über den Sicherheitstrakt versteckt zu klettern, entschließen wir uns angemessen zu verhalten und besuchen wie alle normalen Menschen auch die Statue. Bei der Wette, auf der Mauer stehend in die Sicherheitskamera zu schauen und den vor den Computer sitzenden Sicherheitsleuten zu winken, wird Jonas dann doch schwach und schnappt sich den Wetteinsatz. Kurz darauf taucht auch das Personal auf, worauf wir uns aus dem Staub machen und den Abstieg bestreiten, obwohl man uns auch sehr gerne heruntergefahren hätte. Leider kommt unser Taxifahrer von der Hinfahrt nicht wie versprochen und wir müssen für die Rückfahrt einen neuen Fahrer anrufen. Scheint wohl nicht immer so Verlass auf das Wort der Brasilianer zu sein. Gegen Abend verlassen wir dann Rio mit dem Flieger und landen gegen Mitternacht in Peru.
Comments